Die Wege, auf denen Jesus ging
Von Präsident Thomas S. Monson
An einem kalten Dezembertag haben wir uns im Tabernakel in Satt Lake City zur Trauerfeier für einen Mann versammelt, den wir geliebt und verehrt hatten und dem wir nachgefolgt waren, nämlich Präsident Harold B. Lee, um ihn noch einmal zu ehren. Er war in seinen Äußerungen prophetisch gewesen, mächtig als Führer, engagiert im Dienen und hatte uns alle mit dem Verlangen beseelt, Vollkommenheit zu erlangen. Er riet uns: „Haltet die Gebote Gottes. Geht den Weg des Herrn.”
Einen Tag darauf wurde in einem sehr heiligen Raum im Obergeschoß des Salt-Lake-Tempels sein Nachfolger ausgewählt und bestätigt und zu seiner heiligen Berufung eingesetzt. Unermüdlich und voll Demut und mit einem inspirierenden Zeugnis forderte Präsident Spencer W. Kimball uns auf, den Weg, den Präsident Lee vorgezeichnet hatte, weiterzuverfolgen. Er sprach die gleichen eindringlichen Worte: „Haltet die Gebote Gottes. Geht den Weg des Herrn. Folgt ihm nach.” Heute hören wir von Präsident Ezra Taft Benson denselben eindringlichen Rat.
Ich habe einmal abends zu Hause gesessen und in einer Reisebroschüre geblättert, die ich ein paar Tage zuvor erhalten hatte. Sie war in prächtigen Farben gehalten, der Text klang sehr überzeugend. Der Leser wurde eingeladen, die norwegischen Fjorde und die Schweizer Alpen zu besuchen, alles als Pauschalreise. Ein anderes Angebot lockte den Leser nach Betlehem – ins Heilige Land, in die Wiege des Christentums. Die Abschlußzeilen der Broschüre bildete die schlichte, doch eindringliche Aufforderung: „Kommen Sie mit uns dorthin, wo Jesus gewandelt ist.”
In ganz realem, Sinn kann jedermann dort wandeln, wo Jesus gewandelt ist, nämlich indem er mit seinen Worten auf den Lippen, seinem Geist im Herzen und seinen Lehren durch die Sterblichkeit geht. Ich hoffe, daß wir alle so wandeln, wie er gewandelt ist – voll Zuversicht in die Zukunft blickend, voll unerschütterlichem Glauben an seinen Vater und voll aufrichtiger Liebe zu unseren Mitmenschen.
Jesus ist den Weg der Enttäuschung gegangen.
Kann jemand seine Klage über die Heilige Stadt nachfühlen: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.” (Lukas 13:34.)

Jesus ist den Weg der Versuchung gegangen.
Der Böse hat ihn unter Aufbietung all seiner Kraft und seiner Schliche versucht, nachdem er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte und Hunger hatte. Spöttisch sagte er: „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, daß aus diesen Steinen Brot wird.” Und die Antwort: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot”
Und weiter: „Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen.” Die Antwort: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.”
Und dann zeigte er ihm „alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht” und sagte: „Das alles will ich dir gehen, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.” Darauf erwiderte der Herr: „Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.” (Siehe Matthäus 4:2-10.)

Jesus ist den Weg des Schmerzes gegangen.
Denken Sie an die Pein in Getsemani: „Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.... Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.” (Lukas 22:42,44.)
Und wer von uns kann vergessen, wie grausam es war, als er am Kreuz hing? Dort sagte er: „Mich dürstet.... Es ist vollbracht!” (Johannes 19:28,30.)
Ja, jeder von uns geht irgendwann den Weg der Enttäuschung, vielleicht deshalb, weil er eine Möglichkeit nicht genutzt, seine Macht mißbraucht, einen geliebten Menschen nicht belehrt hat. Auch der Weg der Versuchung bleibt uns nicht erspart. „Und es muß notwendigerweise so sein, daß der Teufel die Menschenkinder versucht, sonst könnten sie nicht frei entscheiden.” (LuB 29:39.)
Genauso gehen wir auch den Weg des Schmerzes. Wir können nicht in Watte gepackt in den Himmel gelangen. Auch der Erretter der Welt ist erst nach großem Schmerz und Leid dort eingetreten. Wir, als seine Diener, können nicht mehr erwarten als unser Herr. Vor dem Osterfest steht das Kreuz.
Während wir diese Wege gehen, die bitteren Kummer mit sich bringen, können wir aber auch jene Wege gehen, die zu ewiger Freude führen.
Mit Jesus können wir den Weg des Gehorsams gehen.
Es wird nicht leicht sein. „Obwohl er der Sohn war, hat er durch Leiden den Gehorsam gelernt.” (Hebräer 5:8.) Nehmen wir uns die folgenden Worte, die Samuel uns hinterlassen hat, als Losung: „Wahrhaftig, Gehorsam ist besser als Opfer, Hinhören besser als das Fett von Widdern.” (1 Samuel 15:22.) Vergessen wir nicht, daß Ungehorsam zu Knechtschaft und Tod führt, Gehorsam dagegen zu Freiheit und ewigem Leben.
Wie Jesus können wir den Weg des Dienens gehen.
Wie ein leuchtender Scheinwerferstrahl des Guten ist das Leben Jesu, der den Menschen gedient hat. Er hat dem Krüppel Kraft geschenkt, dem Blinden das Augenlicht, dem Tuben das Gehör und dem Toten das Leben.
Seine Gleichnisse gehen zu Herzen. Mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter lehrte er: „Deinen Nächsten sollst du liehen.” (Lukas 10:27.) Durch seine Güte gegenüber der Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war, lehrte er teilnahmsvolles Verstehen. Im Gleichnis von den Talenten hat er jeden von uns gelehrt, daß wir etwas aus uns machen und uns um Vollkommenheit bemühen sollen. Wie gut er uns doch darauf vorbereiten will, den Weg mir ihm zu gehen.
Und zu guter Letzt ist er den Weg des Betens gegangen.
Dreierlei Großes lernen wir aus drei zeitlosen Gebeten. Zuerst, aus seinem geistlichen Wirken: „Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt.` (Lukas 11:2.)
Zweitens, aus Getsemani: „Nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.” (Lukas 22:42.)
Drittens, vom Kreuz herab: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.” (Lukas 23:34.)
Indem wir den Weg des Betens gehen, treten wir in Verbindung mit dem Vater und haben Anteil an seiner Macht.
Werden wir den Glauben und das Verlangen haben, die Wege zu gehen, die Jesus gegangen ist? Gottes Propheten, Seher und Offenbarer fordern uns dazu auf. Wir müssen ihnen nur nachfolgen, denn es ist auch der Weg, den sie gehen.
Ich erinnere mich noch an meine erste Begegnung mit Elder Spencer W. Kimball vor vielen Jahren, als er noch Mitglied des Kollegiums der Zwölf war und ich ein junger Bischof in Salt Lake City. Als ich eines Morgens ans Telefon ging, sagte eine Stimme: „Hier ist Elder Spencer W. Kimball. Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. In Ihrer Gemeinde steht ganz versteckt hinter einem hohen Gebäude an der Fifth South Street ein winziges Wohnmobil. Darin wohnt Margaret Bird; sie ist Navaho und Witwe. Und sie hat das Gefühl, daß niemand sie will und niemand sie braucht. Könnten Sie und die FHV-Leiterin sie nicht besuchen und ihr die Hand der Gemeinschaft reichen und sie ganz besonders willkommen heißen?" Das taten wir.
Ein Wunder geschah. Margaret Bird blühte in ihrer neugefundenen Umgebung auf. Die Verzweiflung wich. Die Witwe war in ihrer Bedrängnis besucht worden. Das verlorene Schaf war gefunden worden. Jeder, der an diesem Geschehnis teilhatte, wurde dadurch ein besserer Mensch.
In Wirklichkeit war der treue Hirte der teilnahmsvolle Apostel, der die neunundneunzig alleinließ, um die kostbare Seele zu suchen, die verloren war. Spencer W. Kimball war den Weg gegangen, den Jesus gegangen war.
Gehen wir doch alle den Weg, den Jesus gegangen ist, und hören wir dabei auf das Geräusch, das die Füße mit den Sandalen machen. Ergreifen wir die Hand des Zimmermanns. Dann lernen wir ihn kennen. Er kommt vielleicht als Unbekannter, Namenloser auf uns zu, so wie er am See auf diejenigen zuging, die ihn nicht kannten. Zu uns spricht er dieselben Worte „Folge mir nach." Er überträgt uns die Aufgabe, die es heute zu erfüllen gilt. Er gebietet, und denjenigen, die ihm gehorchen, ob sie weise seien oder von schlichtem Gemüt, ofenbart er sich in den Mühen, den Konflikten, dem Leid, das sie als seine Weggefährten erfahren; und aus Erfahrung werden sie erkennen, wer er ist.
Wir entdecken, daß er mehr ist als das kleine Kind in Betlehem, mehr als der Sohn des Zimmermanns, mehr als der größte Lehrer, der je gelebt hat. Wir lernen ihn als den Sohn Gottes kennen. Er hat niemals eine Statue geschaffen, ein Bild gemalt, ein Gedicht geschrieben oder eine Armee angeführt. Er hat keine Königskrone getragen und kein Zepter in der Hand gehalten und sich keine Purpurrote um die Schultern geworfen. Seine Vergebungsbereitschaft war unermeßlich, seine Geduld unerschöpflich, sein Mut grenzenlos.
Jesus hat die Menschen verändert. Er hat ihre Gewohnheiten, ihre Meinungen, ihre Ambitionen verändert. Er hat ihr Temperament, ihre Neigungen, ihr Wesen verändert. Er hat ihr Herz verändert.
Da fällt einem der Fischer namens Simon ein, Ihnen und mir besser bekannt als Petrus, der oberste Apostel. Der zweifelnde, ungläubige, aufbrausende Petrus sollte niemals die Nacht vergessen, in der Jesus zum Hohenpriester geführt wurde. Das war die Nacht, in der die Menschen begannen, Jesus anzuspucken, in der sie sein Gesicht verhüllten und ihn ins Gesicht schlugen (siehe Markus 14:65).
Wo war Petrus, der doch versprochen hatte, mit ihm zu sterben und ihn niemals zu verleugnen? In der heiligen Schrift steht: „Petrus aber war Jesus von weitem bis in den Hof des hohepriesterlichen Palastes gefolgt; nun saß er dort bei den Dienern und wärmte sich am Feuer.” (Markus 14:54.) Das war die Nacht, in der Petrus, wie der Herr es prophezeit hatte, ihn wirklich dreimal verleugnete. Herumgestoßen, verspottet und geschlagen, wandte sich der Herr in der Qual der Demütigungen, die er ergeben schweigend über sich ergehen ließ, Petrus zu.
Ein Chronist schildert die Veränderung folgendermaßen: „Es war genug. ... Petrus kannte keine Gefahr mehr, er fürchtete den Tod nicht mehr.... Er eilte in die Nacht hinaus, ... der Dämmerung entgegen.... Mit zerknirschtem Herzen und reumütig stand er vor dem eigenen Gewissen, das mit ihm ins Gericht ging, und dort wurden seine alte Scham, seine alte Schwäche, sein altes Ich zum Tod verurteilt — durch die göttliche Traurigkeit, die zu einer neuen und edleren Geburt führen sollte.” (Frederic W. Farrar, The 14e of Christ, Portland, Oregon, 1964, Seite 604.)
Dann war da noch Saulus aus Tarsus, ein Gelehrter, der mit den rabbinischen Schritten vertraut war, in denen manche heutigen Gelehrten solche reichen Schätze finden. Aus irgendeinem Grund gaben diese Schriften dem Paulus nicht, was er brauchte, und so rief er: „Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib erretten”" (Römer 7:24.) Und dann begegnete er eines Tages Jesus und siehe, alles wurde neu. Von jenem Tag an bis zu seinem Tod forderte Paulus die Menschen auf: „Legt den alten Menschen ab”, und „zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.” (Epheser 4:22,24.)
Nach wie vor hat sich nichts daran geändert, daß der Erlöser das Leben der Menschen verändern kann. Wie zu dem toten Lazarus sagt er zu Ihnen und zu mir: „Komm heraus!” (Johannes 11:43.) Kommt heraus aus der Verzweiflung der Ungläubigkeit.
Kommt heraus aus dem Kummer der Sünde. Kommt heraus aus dem Tod des Unglaubens. Kommt heraus in ein neues Leben. Kommt heraus.
Tun wir das, und schlagen wir den Weg ein, den Jesus gegangen ist, und denken wir dabei an das folgende Zeugnis Jesu: „Siehe, ich bin Jesus Christus, von dem die Propheten bezeugt haben, er werde in die Welt kommen.... Ich bin das Licht und das Leben der Welt.” (3 Nephi 11:10,11.)
Ich bin der Erste und der Letzte; ich bin der, der lebt, ich bin der, der getötet worden ist; ich bin euer Fürsprecher beim Vater." (LuB 110:4.)
Dem füge ich mein Zeugnis hinzu: Er lebt.
An einem kalten Dezembertag haben wir uns im Tabernakel in Satt Lake City zur Trauerfeier für einen Mann versammelt, den wir geliebt und verehrt hatten und dem wir nachgefolgt waren, nämlich Präsident Harold B. Lee, um ihn noch einmal zu ehren. Er war in seinen Äußerungen prophetisch gewesen, mächtig als Führer, engagiert im Dienen und hatte uns alle mit dem Verlangen beseelt, Vollkommenheit zu erlangen. Er riet uns: „Haltet die Gebote Gottes. Geht den Weg des Herrn.”
Einen Tag darauf wurde in einem sehr heiligen Raum im Obergeschoß des Salt-Lake-Tempels sein Nachfolger ausgewählt und bestätigt und zu seiner heiligen Berufung eingesetzt. Unermüdlich und voll Demut und mit einem inspirierenden Zeugnis forderte Präsident Spencer W. Kimball uns auf, den Weg, den Präsident Lee vorgezeichnet hatte, weiterzuverfolgen. Er sprach die gleichen eindringlichen Worte: „Haltet die Gebote Gottes. Geht den Weg des Herrn. Folgt ihm nach.” Heute hören wir von Präsident Ezra Taft Benson denselben eindringlichen Rat.
Ich habe einmal abends zu Hause gesessen und in einer Reisebroschüre geblättert, die ich ein paar Tage zuvor erhalten hatte. Sie war in prächtigen Farben gehalten, der Text klang sehr überzeugend. Der Leser wurde eingeladen, die norwegischen Fjorde und die Schweizer Alpen zu besuchen, alles als Pauschalreise. Ein anderes Angebot lockte den Leser nach Betlehem – ins Heilige Land, in die Wiege des Christentums. Die Abschlußzeilen der Broschüre bildete die schlichte, doch eindringliche Aufforderung: „Kommen Sie mit uns dorthin, wo Jesus gewandelt ist.”
In ganz realem, Sinn kann jedermann dort wandeln, wo Jesus gewandelt ist, nämlich indem er mit seinen Worten auf den Lippen, seinem Geist im Herzen und seinen Lehren durch die Sterblichkeit geht. Ich hoffe, daß wir alle so wandeln, wie er gewandelt ist – voll Zuversicht in die Zukunft blickend, voll unerschütterlichem Glauben an seinen Vater und voll aufrichtiger Liebe zu unseren Mitmenschen.
Jesus ist den Weg der Enttäuschung gegangen.
Kann jemand seine Klage über die Heilige Stadt nachfühlen: „Jerusalem, Jerusalem, du tötest die Propheten und steinigst die Boten, die zu dir gesandt sind. Wie oft wollte ich deine Kinder um mich sammeln, so wie eine Henne ihre Küken unter ihre Flügel nimmt; aber ihr habt nicht gewollt.” (Lukas 13:34.)

Jesus ist den Weg der Versuchung gegangen.
Der Böse hat ihn unter Aufbietung all seiner Kraft und seiner Schliche versucht, nachdem er vierzig Tage und vierzig Nächte gefastet hatte und Hunger hatte. Spöttisch sagte er: „Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl, daß aus diesen Steinen Brot wird.” Und die Antwort: „Der Mensch lebt nicht nur von Brot”
Und weiter: „Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich auf ihren Händen zu tragen.” Die Antwort: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen.”
Und dann zeigte er ihm „alle Reiche der Welt mit ihrer Pracht” und sagte: „Das alles will ich dir gehen, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.” Darauf erwiderte der Herr: „Weg mit dir, Satan! Denn in der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen.” (Siehe Matthäus 4:2-10.)

Jesus ist den Weg des Schmerzes gegangen.
Denken Sie an die Pein in Getsemani: „Vater, wenn du willst, nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.... Und er betete in seiner Angst noch inständiger, und sein Schweiß war wie Blut, das auf die Erde tropfte.” (Lukas 22:42,44.)
Und wer von uns kann vergessen, wie grausam es war, als er am Kreuz hing? Dort sagte er: „Mich dürstet.... Es ist vollbracht!” (Johannes 19:28,30.)
Ja, jeder von uns geht irgendwann den Weg der Enttäuschung, vielleicht deshalb, weil er eine Möglichkeit nicht genutzt, seine Macht mißbraucht, einen geliebten Menschen nicht belehrt hat. Auch der Weg der Versuchung bleibt uns nicht erspart. „Und es muß notwendigerweise so sein, daß der Teufel die Menschenkinder versucht, sonst könnten sie nicht frei entscheiden.” (LuB 29:39.)
Genauso gehen wir auch den Weg des Schmerzes. Wir können nicht in Watte gepackt in den Himmel gelangen. Auch der Erretter der Welt ist erst nach großem Schmerz und Leid dort eingetreten. Wir, als seine Diener, können nicht mehr erwarten als unser Herr. Vor dem Osterfest steht das Kreuz.
Während wir diese Wege gehen, die bitteren Kummer mit sich bringen, können wir aber auch jene Wege gehen, die zu ewiger Freude führen.
Mit Jesus können wir den Weg des Gehorsams gehen.
Es wird nicht leicht sein. „Obwohl er der Sohn war, hat er durch Leiden den Gehorsam gelernt.” (Hebräer 5:8.) Nehmen wir uns die folgenden Worte, die Samuel uns hinterlassen hat, als Losung: „Wahrhaftig, Gehorsam ist besser als Opfer, Hinhören besser als das Fett von Widdern.” (1 Samuel 15:22.) Vergessen wir nicht, daß Ungehorsam zu Knechtschaft und Tod führt, Gehorsam dagegen zu Freiheit und ewigem Leben.
Wie Jesus können wir den Weg des Dienens gehen.
Wie ein leuchtender Scheinwerferstrahl des Guten ist das Leben Jesu, der den Menschen gedient hat. Er hat dem Krüppel Kraft geschenkt, dem Blinden das Augenlicht, dem Tuben das Gehör und dem Toten das Leben.
Seine Gleichnisse gehen zu Herzen. Mit dem Gleichnis vom barmherzigen Samariter lehrte er: „Deinen Nächsten sollst du liehen.” (Lukas 10:27.) Durch seine Güte gegenüber der Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war, lehrte er teilnahmsvolles Verstehen. Im Gleichnis von den Talenten hat er jeden von uns gelehrt, daß wir etwas aus uns machen und uns um Vollkommenheit bemühen sollen. Wie gut er uns doch darauf vorbereiten will, den Weg mir ihm zu gehen.
Und zu guter Letzt ist er den Weg des Betens gegangen.
Dreierlei Großes lernen wir aus drei zeitlosen Gebeten. Zuerst, aus seinem geistlichen Wirken: „Wenn ihr betet, so sprecht: Vater, dein Name werde geheiligt.` (Lukas 11:2.)
Zweitens, aus Getsemani: „Nicht mein, sondern dein Wille soll geschehen.” (Lukas 22:42.)
Drittens, vom Kreuz herab: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.” (Lukas 23:34.)
Indem wir den Weg des Betens gehen, treten wir in Verbindung mit dem Vater und haben Anteil an seiner Macht.
Werden wir den Glauben und das Verlangen haben, die Wege zu gehen, die Jesus gegangen ist? Gottes Propheten, Seher und Offenbarer fordern uns dazu auf. Wir müssen ihnen nur nachfolgen, denn es ist auch der Weg, den sie gehen.
Ich erinnere mich noch an meine erste Begegnung mit Elder Spencer W. Kimball vor vielen Jahren, als er noch Mitglied des Kollegiums der Zwölf war und ich ein junger Bischof in Salt Lake City. Als ich eines Morgens ans Telefon ging, sagte eine Stimme: „Hier ist Elder Spencer W. Kimball. Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten. In Ihrer Gemeinde steht ganz versteckt hinter einem hohen Gebäude an der Fifth South Street ein winziges Wohnmobil. Darin wohnt Margaret Bird; sie ist Navaho und Witwe. Und sie hat das Gefühl, daß niemand sie will und niemand sie braucht. Könnten Sie und die FHV-Leiterin sie nicht besuchen und ihr die Hand der Gemeinschaft reichen und sie ganz besonders willkommen heißen?" Das taten wir.
Ein Wunder geschah. Margaret Bird blühte in ihrer neugefundenen Umgebung auf. Die Verzweiflung wich. Die Witwe war in ihrer Bedrängnis besucht worden. Das verlorene Schaf war gefunden worden. Jeder, der an diesem Geschehnis teilhatte, wurde dadurch ein besserer Mensch.
In Wirklichkeit war der treue Hirte der teilnahmsvolle Apostel, der die neunundneunzig alleinließ, um die kostbare Seele zu suchen, die verloren war. Spencer W. Kimball war den Weg gegangen, den Jesus gegangen war.
Gehen wir doch alle den Weg, den Jesus gegangen ist, und hören wir dabei auf das Geräusch, das die Füße mit den Sandalen machen. Ergreifen wir die Hand des Zimmermanns. Dann lernen wir ihn kennen. Er kommt vielleicht als Unbekannter, Namenloser auf uns zu, so wie er am See auf diejenigen zuging, die ihn nicht kannten. Zu uns spricht er dieselben Worte „Folge mir nach." Er überträgt uns die Aufgabe, die es heute zu erfüllen gilt. Er gebietet, und denjenigen, die ihm gehorchen, ob sie weise seien oder von schlichtem Gemüt, ofenbart er sich in den Mühen, den Konflikten, dem Leid, das sie als seine Weggefährten erfahren; und aus Erfahrung werden sie erkennen, wer er ist.
Wir entdecken, daß er mehr ist als das kleine Kind in Betlehem, mehr als der Sohn des Zimmermanns, mehr als der größte Lehrer, der je gelebt hat. Wir lernen ihn als den Sohn Gottes kennen. Er hat niemals eine Statue geschaffen, ein Bild gemalt, ein Gedicht geschrieben oder eine Armee angeführt. Er hat keine Königskrone getragen und kein Zepter in der Hand gehalten und sich keine Purpurrote um die Schultern geworfen. Seine Vergebungsbereitschaft war unermeßlich, seine Geduld unerschöpflich, sein Mut grenzenlos.
Jesus hat die Menschen verändert. Er hat ihre Gewohnheiten, ihre Meinungen, ihre Ambitionen verändert. Er hat ihr Temperament, ihre Neigungen, ihr Wesen verändert. Er hat ihr Herz verändert.
Da fällt einem der Fischer namens Simon ein, Ihnen und mir besser bekannt als Petrus, der oberste Apostel. Der zweifelnde, ungläubige, aufbrausende Petrus sollte niemals die Nacht vergessen, in der Jesus zum Hohenpriester geführt wurde. Das war die Nacht, in der die Menschen begannen, Jesus anzuspucken, in der sie sein Gesicht verhüllten und ihn ins Gesicht schlugen (siehe Markus 14:65).
Wo war Petrus, der doch versprochen hatte, mit ihm zu sterben und ihn niemals zu verleugnen? In der heiligen Schrift steht: „Petrus aber war Jesus von weitem bis in den Hof des hohepriesterlichen Palastes gefolgt; nun saß er dort bei den Dienern und wärmte sich am Feuer.” (Markus 14:54.) Das war die Nacht, in der Petrus, wie der Herr es prophezeit hatte, ihn wirklich dreimal verleugnete. Herumgestoßen, verspottet und geschlagen, wandte sich der Herr in der Qual der Demütigungen, die er ergeben schweigend über sich ergehen ließ, Petrus zu.
Ein Chronist schildert die Veränderung folgendermaßen: „Es war genug. ... Petrus kannte keine Gefahr mehr, er fürchtete den Tod nicht mehr.... Er eilte in die Nacht hinaus, ... der Dämmerung entgegen.... Mit zerknirschtem Herzen und reumütig stand er vor dem eigenen Gewissen, das mit ihm ins Gericht ging, und dort wurden seine alte Scham, seine alte Schwäche, sein altes Ich zum Tod verurteilt — durch die göttliche Traurigkeit, die zu einer neuen und edleren Geburt führen sollte.” (Frederic W. Farrar, The 14e of Christ, Portland, Oregon, 1964, Seite 604.)
Dann war da noch Saulus aus Tarsus, ein Gelehrter, der mit den rabbinischen Schritten vertraut war, in denen manche heutigen Gelehrten solche reichen Schätze finden. Aus irgendeinem Grund gaben diese Schriften dem Paulus nicht, was er brauchte, und so rief er: „Ich unglücklicher Mensch! Wer wird mich aus diesem dem Tod verfallenen Leib erretten”" (Römer 7:24.) Und dann begegnete er eines Tages Jesus und siehe, alles wurde neu. Von jenem Tag an bis zu seinem Tod forderte Paulus die Menschen auf: „Legt den alten Menschen ab”, und „zieht den neuen Menschen an, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist in wahrer Gerechtigkeit und Heiligkeit.” (Epheser 4:22,24.)
Nach wie vor hat sich nichts daran geändert, daß der Erlöser das Leben der Menschen verändern kann. Wie zu dem toten Lazarus sagt er zu Ihnen und zu mir: „Komm heraus!” (Johannes 11:43.) Kommt heraus aus der Verzweiflung der Ungläubigkeit.
Kommt heraus aus dem Kummer der Sünde. Kommt heraus aus dem Tod des Unglaubens. Kommt heraus in ein neues Leben. Kommt heraus.
Tun wir das, und schlagen wir den Weg ein, den Jesus gegangen ist, und denken wir dabei an das folgende Zeugnis Jesu: „Siehe, ich bin Jesus Christus, von dem die Propheten bezeugt haben, er werde in die Welt kommen.... Ich bin das Licht und das Leben der Welt.” (3 Nephi 11:10,11.)
Ich bin der Erste und der Letzte; ich bin der, der lebt, ich bin der, der getötet worden ist; ich bin euer Fürsprecher beim Vater." (LuB 110:4.)
Dem füge ich mein Zeugnis hinzu: Er lebt.
Bettinaa - 29. Feb, 18:14